Rat der Elfen (RL)
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Kapitel 15 - Aschenauges Aufbruch

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Beitrag  Aschenauge Mo Sep 15 2008, 00:49

Die Gildenhallen von Memento Mori: Ein massiver Steinbau, mitten in den Reichen der Menschen; oder besser, in den Gebieten, die den Menschen noch geblieben sind. An jenem Abend beherrschte Stille die Gemäuer. Die meisten, die hier heimisch sind, hatten an ihren eigenen Fronten zu Kämpfen.

In einem kleinem Raum, der von einigen Kerzen spärlich erleuchtet ist, herrschte eine studierte Unordnung: Schriftrollen vergessener Sprachen türmten sich auf dem Schreibtisch, in kleinen Säckchen abgefüllte Pulver standen wie goblinische Stolperfallen auf dem Steinboden und aufgeklappte Bücher lagen überall herum. Der Bewohner dieses Zimmerchens, der Magier Quareadron, schien sich an diesem Chaos nicht zu stören. Im Gegenteil, offenbar genoss es der Mensch sogar, von einem Buch zu anderen zu hasten, hier und dort zu notieren ... und wurde durch ein selbstbewusstes Klopfen jäh aus seiner Konzentration gerissen. Heftig blinzelnd strich er seine farbenfrohe Robe glatt, und als er "Ja?" rief, stand Aschenauge bereits mitten in seinem Zimmer.

"Quareadron, wir müssen reden." sprach sie entschieden.
"Aber ja, äh, was gibt es?"

Er räumte mit routinierten Griffen einen Holzschemel frei, auf dem die Nachtelfe sofort Platz nahm.

"Es wird Zeit für mich, weiterzuziehen. Ich muss Memento Mori verlassen."

Der Magier runzelte die Stirn und setzte an, zu protestieren; doch besann er sich eines Besseren. Wenn Aschenauge einen Entschluss fasste, dann nie leichtfertig. Es war besser, sie zunächst aussprechen zu lassen.

"Quareadron, ich habe es noch niemandem gesagt und wollte, dass du es als Erster erfährst. Und dir will ich meine Gründe erklären. Für die Anderen wird es reichen, wenn sie wissen, dass ich nicht im Zorn gehe. Wie sollte ich auch, so herzlich wie man mich hier empfangen hat ..."

Sie ließ für einen Moment den Blick über das überquellende Zimmer schweifen, so als stünde es für die Hallen, die es umgeben. Sie richtete ihre Augen wieder auf Quareadron und sah ihm fest in die Augen, bevor sie weitersprach.

"Ich habe es dir erzählt, als wir ..." Sie stockte und setzte erneut an.

"Ich erzählte dir davon bereits einmal: In dem Moment, als ich seiner Zeit in den elfischen Ruinen zu mir kam, hatte ich das Vertrauen in mein Volk verloren." Sie lachte bitter. "Ach, das ist wie ein schlechter Scherz. Ich habe sie *gehasst*. Erinnerte mich kaum an mehr, als an feige fliehende Elfen, die mich den Händen der Untoten überließen. Verworrene, wilde Bilder, die bis keinen ganzen Sinn ergeben, aber sich tief einbrannten in mein Innerstes. Bis zum heutigen Tag ist dies meine früheste Erinnerung geblieben, obgleich es erst einen Wimpernschlag in der Vergangenheit liegt, wenn man unsere Lebenszeit bedenkt." Quareadron nickte. Ihm war klar, dass 'unsere' ihn nicht einschloss.

"Ich muss dir nicht erneut erzählen, wie froh ich war, dass meine verschlungenen Wege mich letztlich zu dir und zu Memento Mori führten. Aber genauso bedeutsam war es für mich, wie ich eines Tages Rabenlied traf. Ihre Ehrlichkeit hat mir erlaubt, erstmals wieder anders über mein Volk zu denken." Aschenauge lächelte, aber ihre Augen blieben hart.

"Sicher, unsere ersten Kontakte als 'frostig' zu bezeichnen, wäre eine irrsinnige Untertreibung. Aber durch sie habe ich viel gelernt. Vor allem über mich, Quareadron."

Inzwischen saß er ihr mit verschränkten Armen gegenüber. Sein Mund war zu einem unsicheren Lächeln verzogen. Er mochte sich in den bekannten Gassen Sturmwinds mit sicherer Regelmäßigkeit immer wieder verlaufen, aber wenn Aschenauge sprach, war seine Zerstreutheit vollkommen verflogen. Er versäumte keines ihrer Worte.

"Dann traf ich eines Tages auf Xaltera, im Sumpfland. Ihr Weg führte sie zum Sumpfhüter. Du kannst dir nicht vorstellen, wie erstaunt ich war, als sie mit tiefer Entschiedenheit davon erzählte. Ihr war es tatsächlich mit dem ganzen Herzen wichtig, nachzuforschen, was die Natur in diesem Landstrich aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Sie meinte es *ernst*. So kannte ich schon zwei meiner Art, die ich nicht mehr als feige Heuchler beschimpfen konnte."

"Wir blieben in Kontakt. Mit weiteren aus dem Rat der Elfen trauten wir uns ins verseuchte Gnomeregan, kämpften gegen die Fanatiker des Scharlachroten Kreuzugs. All dies waren Nachtelfen, denen es wirklich ernst war. Wir halfen einander, fest den Blick auf das gerichtet, worauf es ankommt. Verstehst du? Doch ... das ist nicht alles."

Unwillkürlich schweifte ihr Blick zu einem kurzen, schartigen Schwert, das unscheinbar zwischen zwei Regalen stand. Quareadron verstand sofort.

"Du denkst an Nordend." sagte er und schluckte schwer.

"Ja. Du hörst doch auch, was hinter vorgehaltenen Händen geflüstert wird. Was diejenigen, die von den versprengten Expeditionen zurückkehren in ihrem Wahn von sich geben. Es braut sich etwas zusammen. Langsam aber sicher."

"Ich habe immer gedacht, es war eine Torheit von ihm, mit diesen Leuten nach Norden zu gehen. Schraddi war nicht reif genug. Und vermutlich" setzte sie trocken nach "hat er dies mit dem Leben bezahlt - oder mit Schlimmerem." Bei diesen Worten zuckte Quareadron zusammen, schwieg aber.

"Mein Freund, schneller als uns lieb ist, könnte die Finsternis aus dem Norden uns alle zwingen, aufzubrechen. Es wird dann darauf ankommen, ob wir wissen, wo wir stehen. Schraddi war in seinem Innersten nicht gefestigt. Wir müssen aus dem Fehler unseres gnomischen Gefährten lernen." Sie wiederholte "Wir müssen wissen, wo wir stehen." und betonte dabei jedes Wort.

"Deshalb muss ich zum Rat der Elfen gehen. Ich werde meine Freunde von Memento Mori immer unterstützen, wenn sie mich brauchen. Aber folgen muss ich dem Rat der Elfen."

Quareadron nickte traurig. Alles war gesagt und es war, und er bezweifelte nicht, was Aschenauge beschrieben hatte: Dunkle Wolken zogen auf. Wollte sie bereit sein, musste sie sich ihrer Bestimmung stellen.

Aschenauge erhob sich.

"Ich werde Shelley Bescheid geben. Und gleich morgen nach Darnassus reisen."

Da alles gesagt war, verließ sie das Zimmer und ließ Quareadron im Halbdunkel seiner Kammer zurück. Lange Abschiede waren nie ihre Sache gewesen.
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