Das Buch des Grünsprossenhofes, Kapitel 3: Schießübungen

Regenwolken ziehen über Teldrassil hinweg, doch das stört Nadune wenig. Sie hat sich für heute etwas vorgenommen und ist ohnehin in bester Stimmung. Amarandis und Laendir haben ihren Streit beigelegt, woraufhin Eloraine wieder in die Gemeinschaft zurückkehrte. Dieser Umstand erfüllt Nadunes Herz mit Freude.

"Meister Lewrim ist wirklich ein weiser Mann. Er hat den Streit gut geschlichtet..."
Ein unbeteiligter Zuhörer mag geneigt sein zu glauben, Nadune führe Selbstgespräche. Doch natürlich ist dem nicht so. Ihre Eule hört ihr zu, auch wenn sie nicht antworten kann.

In der anderen Ecke des Hofes stehen zwei junge Nachtelfen. Nadune hat sie angeworben, ihr zur Hand zu gehen, denn ihrer Meinung nach fehlt auf dem Hof etwas. So ist sie am frühen Morgen aufgebrochen, Holz zu erwerben. (Natürlich hat sie kein Holz von den Menschen oder Goblins gekauft, die ganze Wälder roden. Das Holz, das sie kaufte, stammt von den Irrwischen, die mit den Bäumen verbunden sind, ohne sie zu verletzen.)
Die beiden jungen Nachtelfen sind mit ihrer Arbeit grade fertig. Nadune nickt ihnen freundlich zu und gibt ihnen einige Silbermünzen. Dann betrachtet sie ihr Werk: Fünf Zielscheiben in unterschiedlicher Größe und Ausführung.

"Weißt du, Nachtglanz... Laendir hat natürlich Recht, sich auf seine Ehre zu berufen." Sie spannt den Bogen und zielt auf die mittlere der Scheiben. "Doch Zeiten ändern sich... auch wenn man die Veränderungen nicht immer gutheißen kann, muss man sich ihnen doch anpassen." Sie lässt den Pfeil fliegen. Er bohrt sich in den zweiten Ring von innen. Sie legt einen weiteren auf und zielt diesmal auf die zweitkleinste Scheibe. "Andererseits muss auch Amarandis aufpassen. Eloraine erzählte, er sei jähzornig... Jähzorn hat schon viele ins Grab gebracht." Der Pfeil fliegt und trifft das Zentrum. Nadune nickt anerkennend.

"Ja, die Arbeit ist gut geworden... Es hat sich gelohnt!" Sie weiß, dass es stimmt. Sie ist sich sicher, dass diese Zielscheiben nötig sind, um die Genauigkeit mit dem Bogen zu verbessern. Lewrims Übungen sind gut, doch sie vermitteln nicht die Fähigkeit, den Wind zu spüren und den Flug des Pfeils vorauszuahnen. Doch eins fehlt noch.
"Ich sollte Meister Lewrim fragen, ob er die Ziele umbauen kann, so dass sie sich bewegen. Er scheint sich mit Geräten und Maschinen ja auszukennen..."

Während nun die ersten Regentropfen auf Darnassus niedergehen, öffnet sie die Tür des Hofes, Nachtglanz auf der Schulter sitzend, und begibt sich auf den Weg, der zum Tempel führt.